Meine Elternzeit mit dem Daddy

“Wir haben einen alten Van zum Camper umgebaut und fahren jetzt drei Monate durch Südeuropa. Mal hier, mal da. Einfach zusammen sein, etwas Neues sehen und gucken, wo es uns hintreibt.” Das erzählte mir eine alte Freundin neulich am Telefon. Sie hat vor ein paar Monaten ihr erstes Baby bekommen. By the Way: Es war eine Traumschwangerschaft, eine Traumgeburt und ihre einzige Sorge im Wochenbett war, dass ihre Tochter nachts zu lange (!) durchschläft, nämlich 11 Stunden am Stück und sie das Baby zum Trinken wecken musste. Jetzt macht diese perfekte, kleine Familie eine – in meinen Augen – perfekte gemeinsame Elternzeit. Ich muss an unsere Elternzeit mit der Murmel zurückdenken. Und daran, wie weit mal wieder Vorstellung und Realität auseinander gedriftet sind…

Der Daddy und ich hatten vor, die erste Zeit mit unserem zweiten Kind nochmal so richtig zu genießen. Und wir wollten die Elternzeit aufteilen: Die ersten sechs Monate ich (wegen Stillen und so), die restlichen Monate der Daddy. Und in der zweiten Hälfte, so der Plan, wollten wir Reisen. Ich kann schließlich von überall auf der Welt meinen Podcast und das Drumherum (Hi, Baby!-Club, Instagram) machen. Was haben wir uns alles ausgemalt. Für mindestens drei Monate wollten wir ein Ferienhaus in der Türkei mieten und dort leben, direkt am Meer. Arbeiten und gleichzeitig Urlaub machen. Und davor und danach ein wenig Reisen. Als 4-köpfige Familie Abenteuer erleben, die Welt entdecken, ZEIT zusammen haben.

Endlich! Dachte ich mir. Das habe ich mir schon beim Mucki so sehr gewünscht! Dann schickte mir der Daddy über Immoscout eine Wohnung, die er entdeckt hatte. Die perfekte Wohnung. Fertigstellung und Einzug wäre: Wenn die Murmel 4 Monate alt ist. Und mir war klar, wenn wir die Wohnung bekommen, wird das mit unseren romantischen Elternzeit-Plänen nichts. Die Wohnung war eine einmalige Chance, aber sind wir mal ehrlich: Die Elternzeit ist es auch!

Nunja, wir haben uns für die Wohnung entschieden. Und wir reisten auch, allerdings nicht in den Süden, sondern an den Rande unserer nervlichen Belastung, mit jeder Menge Stress, Deadlines und Entscheidungen im Nacken.

“Statt Strand und Meer gab es Fliesen, Wandfarben und Armaturen, die ausgesucht werden mussten.

 

Statt einer hübschen Ferienwohnung am Meer – Kistenpacken und im Chaos leben mit Baby und Kind.

 

Statt romantischen Stunden am Abend  – eine nicht endende To-Do-Liste.”

Letztendlich nutzten sowohl der Daddy als auch ich die Elternzeit der Murmel in jeder freien Sekunde dafür, den Umzug über die Bühne zu bekommen. Wir hatten nicht einmal Zeit für einen kleinen, feinen Familienurlaub, sondern suchten uns stattdessen eine Familientherapeutin, weil wir so maximal am Limit mit all den Aufgaben waren, die uns überhäuften: Die Suche nach einem neuen, geeigneten Kindergarten und den richtigen Therapieangeboten für den Mucki, Lieferprobleme beim Parkett, den Sanitär-Anlagen und Armaturen, einen Wasserschaden in der neuen Wohnung und dann ging bei mir der Hi, Baby!-Podcast weiter und ich hatte absolut keine Ahnung, wie wir das alles schaffen sollen.

Nun ja – wir haben es geschafft. Manchmal gibt dir das Leben eine Zitrone, statt dem fruchtigen Cocktail, den du eigentlich bestellt hast. Wichtig ist zu wissen: Das schaffst du! Das wuppt ihr! Es gibt einfach Zeiten im Leben, die sind herausfordernd und heftig und ultra anstrengend und du fragst dich, ob du im falschen Film gelandet bist. The real Life halt. Aber wie heißt es so schön: What doesn’t kill you, makes you stronger.

Für uns hat Reisen in der Elternzeit einfach nicht sein sollen. Den Traum aufgeben möchte ich trotzdem (noch) nicht. Vielleicht klappt es auf andere Art und Weise, vielleicht mal für sechs Wochen in den Schulferien, oder vielleicht sogar noch davor, während der kleine Muck im Kindergarten ist. Es bringt ja eh nichts, sich gegen das Leben aufzulehnen. Es macht alles nur ungemein anstrengender. Akzeptieren und Annehmen, was ist – das durfte ich in diesem Jahr lernen.

Trotzdem: ich bin wirklich froh, dass wir dieses anstrengende Jahr nun hinter uns haben! Lasst uns mal in Gedanken zusammen anstoßen, auf all die Pläne, die wir schmieden und dann doch nicht machen und auf das Leben, das einfach so kommt, wie es kommt! Und vor allem darauf, dass wir lernen, die Wellen so zu surfen, wie sie sind – selbst die Monsterwellen unter ihnen!

 

Fotocredits: Michal Balog via Unsplash