Wie feiern wir den Geburtstag eines Kindes, das die Welt anders wahrnimmt? Eines Kindes, für das Lautstärke, Überraschungen oder große Gruppen zur Überforderung führen können – und das trotzdem einen wundervollen, erinnerungswürdigen Tag verdient? Darüber spreche ich in meiner aktuellen “Hi, Baby!”-Podcastfolge.
In diesem Blogartikel findest du die wichtigsten Stichpunkte noch einmal zum Nachlesen zusammengefasst. Ich zeige dir, wie du den Geburtstag deines neurodivergenten Kindes individuell, stressfrei und mit viel Herz gestalten kannst.
Warum neurodivergente Kinder anders Geburtstag feiern
In vielen Köpfen sieht ein „typischer“ Kindergeburtstag so aus: laute Spiele, viele Gäste, Konfettikanonen, Überraschungen, Kuchen, Luftballons, Geschenke en masse. Für viele neurotypische Kinder ist das ein Riesenspaß.
Für neurodivergente Kinder – etwa mit Autismus oder ADHS – kann all das aber zu viel sein:
- Zu laut
- Zu unvorhersehbar
- Zu viele soziale Interaktionen
- Zu wenig Raum für Rückzug oder Selbstbestimmung
Deshalb ist der erste wichtige Gedanke: Ein guter Geburtstag ist ein passender Geburtstag – für dein Kind.
Was dein Kind wirklich braucht – und wie du es herausfindest
Eltern neurodivergenter Kinder wissen: Was nach außen hin „komisch“ oder sagen wir einfach mal ganz neutral unkonventionell wirkt, ist oft genau das, was das Kind braucht, um sich sicher und wohl zu fühlen. Und: um Spaß auf dem eigenen Geburtstag zu haben.
Einige wichtige Fragen, die du dir im Vorfeld stellen kannst:
Reflexionsfragen für Eltern:
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Was sind Reizquellen, die mein Kind schnell überfordern?
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Welche Umgebung tut meinem Kind gut?
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Hat mein Kind bestimmte Routinen oder Übergänge, die eingehalten werden müssen?
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Kann mein Kind benennen, was es sich wünscht – oder braucht es Hilfe, das herauszufinden?
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Gibt es Menschen, mit denen es sich besonders wohlfühlt?
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Welche vergangenen Geburtstagssituationen liefen gut – und warum?
12 Autismus- und ADHS freundliche Ideen für einen Kindergeburtstag
Hier kommen konkrete Inspirationen aus meinem Familienalltag – und von anderen Familien aus der Community:
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Wünsche ernst nehmen: Je nach individueller Reife (grob ab ca. sechs Jahren) sollte dein Kind selbst (mit-)entscheiden: Möchte es feiern? Und wenn ja – wie? Unser Sohn wollte z. B. keine Glückwünsche in der Schule. Nur Muffins verteilen – und die mussten auch ganz genau so aussehen, wie er sich das wünschte.
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Geburtstagswoche statt Geburtstag: Statt alle Highlights an einem Tag zu bündeln, kannst du sie über mehrere Tage verteilen – das senkt Druck und steigert die Vorfreude.
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Mini-Feiern statt Riesenparty: Zwei bis drei Lieblingsmenschen sind für viele Kinder viel besser als eine große Gruppe. Qualität vor Quantität.
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Gäste aufteilen: So bleibt es überschaubar. Besprich das wenn möglich mit deinem Kind. Wir hatten die Familie zum Beispiel aufgesplittet. Ein Teil kam am Samstag, der andere am Sonntag. Das fanden viele erst komisch, aber für unseren Sohn war es ideal so.
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Geschenke staffeln: Statt 5 Pakete auf einmal – lieber morgens 1-3, mittags eins, abends eins. Zum Beispiel.
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Gemeinsam planen: Ablauf, Deko, Musik, Essen – binde dein Kind in alles ein und gib ihm so das Gefühl, das ganze unter Kontrolle zu haben. Überraschungen klingen für uns erst einmal cool, sind aber für die meisten Kinder im Spektrum purer Stress und Reizüberforderung. Wir haben zum Beispiel den Ablauf genau besprochen und das Essen. Musik gab es keine und die Deko war eine Überraschung, die es aber so schon jedes Jahr sowohl bei ihm, als auch bei der Schwester gibt.
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Feiern an einem Ort, der Sicherheit gibt: Vielleicht ist das die Bowlingbahn, vielleicht der Garten. Vielleicht aber auch das Kinderzimmer – mit Lichterkette, Pizza und dem Lieblingshörspiel. Denk dran: Es geht um dein Kind. Nicht darum, dein Ego zu pushen und die tollsten Fotos fürs Ablum später zu haben.
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Rückzugsort schaffen: Ein Raum, in den sich dein Kind jederzeit zurückziehen darf, oder Kopfhörer und Tablet, die mit dabei sind. Oder zur Not das Auto, in dem mal 10 Minuten die Lieblingslieder gehört werden dürfen.
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Bekannte Rituale nutzen: Das Lieblingslied zum Start. Die Lieblingspizza als Geburtstagsessen. Rituale geben Halt.
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Feiern ohne „Sollen“: Kein Kerzen-Ausblasen, wenn das zu viel ist. Kein Happy-Birthday-Chor, wenn das nervt. Alles ist erlaubt – nichts ist Pflicht.
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Freude vor Außenwirkung: Drei Kinder auf der Kettcar-Bahn statt zwanzig im Indoorspielplatz? Perfekt – wenn es zu deinem Kind passt.
- Sei bewusst bei deinem Kind: Der eigene Geburtstag ist ein Ausnahmetag und dein Kind wird höchstwahrscheinlich super aufgeregt sein. Wahrscheinlich schon seit Tagen oder Wochen. Sei an diesem Tag für dein Kind präsent und begleite es. Du gibst ihm Halt und Sicherheit. Anstatt ständig Fotos oder Videos zu machen, Snacks zu verteilen oder mit den anderen Eltern zu quatschen.
Was du als Mama oder Papa wissen darfst
💜 Du darfst Nein sagen – zu gesellschaftlichen Erwartungen, zu „So macht man das eben“.
💜 Du darfst Ja sagen – zu eurem ganz eigenen Weg.
💜 Du bist Expert:in für dein Kind. Du darfst mutig gestalten, anpassen und neu denken.
💜 Du sollst an diesem tag auch für dich sorgen: Wer kann dich unterstützen? Was brauchst DU, um in deiner Mitte zu bleiben, bei all den Gedanken um und für dein Kind.
Fazit: Es geht nicht um Perfektion. Es geht um Verbindung.
Ein gelungener Kindergeburtstag muss nicht perfekt sein. Er darf leise sein. Klein. Klar strukturiert. Ohne Geschenkeberge. Ohne Tränen. Mit Muffins, die das Kind selbst ausgesucht hat – und einem Lächeln, das aus dem Herzen kommt.
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