Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es um den Tod eines geliebten Menschen während der Schwangerschaft und um den Trauerprozess. Falls du denkst, dass dir dieses Thema nicht gut tut, solltest du den Artikel nicht (oder nicht alleine) lesen.
Von Gastautorin Kathrin Auer
Der häufigste Satz, der zu mir gesagt wurde als mein Papa gestorben ist, war – „Du musst jetzt besonders auf dich achten – du bist nicht allein und hast Verantwortung für einen kleinen Menschen“.
Ich – schwanger in der 13. Woche. Auf diese meist fürsorglich gemeinten Worte konnte ich jedoch keine Antwort geben. Zu sehr schmerzte der Verlust von meinem Papa. Hinzu kommt die Erwartung vom familiären und freundschaftlichen Umfeld, dass ich meine Trauer als Schwangere anders bewältigen und verarbeiten muss.
„Neues Leben kommt, altes Leben geht“ – wow, ich dachte immer, ich könnte mich von solchen Floskeln gut distanzieren, aber in einer solchen Ausnahmesituation funktioniert das Gehirn nicht mehr rational. Ich wusste in meinem tiefen Herzen, dass sich durch diese Worte andere Menschen wohl was Unerklärliches, erklärlich machen. Mich aber trafen diese Worte mitten im Herz und ich fühlte mich verantwortlich für etwas, für das ich aber nicht verantwortlich bin. Aber richtige Worte gibt es wohl für so einen traurigen Anlass nicht.
Man sagt immer, Trauer offenbart sich in fünf Phasen – Verdrängung, Wut, Verhandlung, Verzweiflung und Akzeptanz. Wer jedoch schon mal einen geliebten Menschen verloren hat, weiß, dass trauern nach Modell nicht immer zutreffend ist. In Augenblicken, in denen ich glaubte, ich hätte den Tod meines Papas akzeptiert – genau dann traf mich meine Gefühlswelt mit voller Wucht und katapultierte mich wieder zurück an den Anfang. Verdrängung, Wut, Verzweiflung.
So schwer wie diese Zeit auch war, ich habe einige Dinge über mich selbst gelernt. Dinge, die man nur verstehen kann, wenn man selbst schon mal einen Trauerprozess durchlebt hat. Was wahr ist, ist, dass der Schmerz mit der Zeit an Stärke verliert. Das Leben mit dem Verlust eines geliebten Menschen wird nach einiger Zeit wieder einfacher und Erinnerungen dürfen auch wieder ihren Platz haben. Erinnerungen an die schönen und glücklichen Momente.
Was mich heute noch traurig macht, sind die Momente, die mein Papa nicht mehr miterleben wird. All die Ereignisse und Meilensteine der Zukunft. Ein Meilenstein von vielen ist, dass mein Papa nicht mehr meinen zweiten Sohn kennenlernen wird. Es macht mich unendlich traurig, dass er bei so wichtigen Lebensmomenten nicht mehr dabei sein kann.
Gerade in diesen mit Traurigkeit gefüllten Augenblicken, ist es bedeutsam, all das Schöne darin zu sehen. Der Verlust meines Papas hat mir gezeigt, dass ich stärker bin, als ich jemals dachte zu sein. Er hat mich noch mehr zu dem gemacht, was ich heute bin. Und er hat mir deutlich gemacht, dass die Leichtigkeit meiner Kinder in einem Trauerprozess sehr viel Positives hat.
Manchmal ist das Leben nicht fair und gerade, wenn man es am wenigsten erwartet, trifft einen das Schicksal mit voller Wucht. Unser ganzes Leben ist jedoch geprägt von Prozessen des Sterbens und der Erneuerung. Auch die Geburt ist – wenn man es so sehen will – ein „kleiner Tod“, ein Abschied vom Mutterleib. Als Baby weiß man nicht, ob die Reise hier endet oder ob man weiterleben wird. Unser Leben ist eingerahmt von Geburt und Tod. Diese Erkenntnis gab mir Mut und Hoffnung.
Was ich allen Frauen mitgeben möchte, die gerade schwanger sind und einen Verlust verarbeiten müssen. Lasst die Trauer zu, trauert nicht anders, um euer Baby zu schützen. Es kommt der Moment, an dem die schönen Erinnerungen immer mehr Platz und Raum einnehmen. Saugt die kindliche Leichtigkeit eurer Kinder auf, das herzhafte und unbeschwerte Lachen – lacht mit! Genau diese Momente haben mir geholfen, weiterzumachen und die Trauer zu bewältigen. Auch in Zeiten der Traurigkeit darf man nicht vergessen, trotzdem zu lachen. Und die besten Meister darin sind und bleiben unsere Kinder.
Und um diesen Gedanken zu Ende zu denken – genau das ist wohl das Einzige, was man noch für verstorbene geliebte Menschen tuen kann. Das Leben zu leben mit all seinem Glück, Lachen, positivem Denken und gefüllt mit Emotionen.
Über Kathrin
Ich bin Kathrin – absolute Jungsmama von zwei kleinen Rabauken namens Jakob (2,5 Jahre) und Noah (7 Monate). Wir genießen das Landleben in der Nähe von Salzburg. Meine Leidenschaft ist es, kreativ zu sein, egal in welcher Weiße. Meine Kinder inspirieren mich täglich mit ihrer unfassbar tollen Phantasie.
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Fotocredits: Ian Keefe via Unsplash