Geburt: Wunschvorstellung vs. Realität

von Gastautorin Ilsada Jusmani

Inspiriert von Isas Geburtsbericht im “Hi, Baby!”-Podcast dachte ich mir, ich erzähle euch mal von meinen zwei überraschend nicht-überraschenden Geburten.

Meine romantische Vorstellung war mein Leben lang, dass ich etwa zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin in der Nacht Wehen bekomme, meinen Mann wecken werde mit «Schatz, die Wehen haben eingesetzt. Es geht los!», wir dann anschließend ins Krankenhaus fahren werden und ich einige Stunden später mein süßes, kleines, perfektes Baby in den Händen halte.

Die Realität sah aber ganz anders aus. Als zwei Wochen vor meinem Geburtstermin nichts passierte, war ich langsam etwas ungeduldig und auch ein bisschen enttäuscht. Als am Geburtstermin nichts passierte, war ich langsam frustriert. Und als sich ganze 10 Tage nach meinem Geburtstermin immer noch nichts getan hatte, war ich allmählich richtig sauer auf meinen Körper. Und hätte ich mir noch einmal mehr «Ach, der Kleine hat es so gut in deinem Bauch, der will da gar nicht raus» anhören müssen, dann hätte ich echt für nichts mehr garantieren können. Ich habe mich gefühlt wie Rachel in der Serie Friends. Als bei ET +10 immer noch keine Aussicht auf ein Baby war, hörte ich den von mir gefürchteten Satz meines Arztes «Kommen Sie und Ihr Mann heute um Mitternacht wieder ins Krankenhaus – wir müssen einleiten.»

Gesagt – getan. Als wir angekommen sind, hat mir die Hebamme gleich eine Vaginaltablette zur Einleitung gegeben und mir eine gute Nacht gewünscht. Aber wer kann bitte schlafen, während man auf die Geburt wartet? Danach bekam ich noch eine Tablette. Und noch eine. Etwa 15 Stunden später bekam ich dann die ersten Wehen. Auch das lief nicht nach meiner Vorstellung (Geburtspool und so). Ich hatte einige Stunden Wehen ohne die so wertvolle, kurze Pause dazwischen. Nachdem ich keine Kraft mehr und mich einige Male übergeben hatte, verlangte ich nach einer PDA. Für mich ein Glücksfall, weil es mir danach so viel besser ging. Mein Mann und ich schauten sogar noch Champions League. 10 Stunden später – es war nun 5:30 Uhr, mein Mann schlief auf dem Stuhl neben mir und ich musste pupsen. Warte, pupsen? Wie es der Zufall will, kam just in diesem Moment die Hebamme in mein Zimmer. Man muss erwähnen, dass in dieser Nacht überdurchschnittlich viele Babys zur Welt kamen, so dass das Personal total im Stress war. Als ich ihr von meiner sogenannten “Pups-Situation” erzählt habe, sagte sie, dass sie mal den Muttermund überprüfen möchte. Keine Sekunde später rief sie ihre Kollegin an «Hey, dieses Baby kommt. Ihr müsst alleine weiter machen, das Baby hier ist schon fast da.» WTF? Nun ja, ein paar Minuten später hielt ich dann aber tatsächlich mein kleines, süßes, perfektes Baby in den Händen.

Das war Baby Nr. 1 – Kommen wir jetzt zu Baby Nr. 2

Ich habe mich noch nie in meinem Leben so unwohl gefühlt wie in der zweiten Schwangerschaft. Ich hatte Schmerzen, konnte nicht schlafen und war, dadurch, dass ich mich noch um einen Zweijährigen kümmern musste und meinem Job nachging, einfach nur noch müde. Meine Vorstellung war dann nicht mehr ganz so romantisch, wie vor der Geburt von Baby Nr. 1. Jedoch wollte ich auf keinen Fall eine Einleitung! Ich hatte regelrecht Panik davor. Ich habe alles, was man auf natürliche Weise machen konnte, versucht, damit dieses Mal die Wehen natürlich einsetzen würden. Als ich dann bei ET + 3 beim Arzt saß, hörte ich dann wieder fast die gleichen Worte: «Sie haben viel zu wenig Fruchtwasser, Frau Jusmani, wir müssen einleiten.» Neiiiiin, doch nicht schon wieder.

Meinen Großen hatte ich bei meiner Mama gelassen mit den Worten: «Mama hat einen Termin. Bin bald wieder da!». Dem war aber leider nicht so. Wir mussten sofort einleiten, was bedeutete, dass mein Mann mir meine Klinik-Tasche bringen und alles für unseren Erstgeborenen organisieren musste. Im Krankenhaus hatte ich von allen Ärzten und Hebammen das gleiche gehört: «Ach, die zweite Einleitung geht viel schneller.» Ich glaubte ihnen. Es kam dann aber wieder ganz anders. Als wir 20 Stunden nach Beginn der Einleitung einmal mehr ums Krankenhaus spazieren waren, sagte ich zu meinem Mann: «Ich sehe mich schon in drei Tagen an einem Tropf hängen, weil diese Art von Einleitung nicht klappt.» Ich war erschöpft und frustriert. Als wir zurück waren, gingen die Wehen wie auf Kommando los. Immer heftiger, immer intensiver, immer schneller. Als ich nach einigen Stunden am Ende meiner Kräfte war, verlangte ich wieder nach einer PDA. Ich dachte, wie bei meiner ersten Geburt geht es jetzt nochmals 10 Stunden bevor sich das Baby auf den Weg macht. Nope, falsch gedacht. 45 Minuten nach dem ich die PDA bekommen habe, setzten schon die Presswehen ein und vier Minuten später war es da. Mein kleines, süßes, perfektes Baby.

Was ich daraus gelernt habe? Was die Geburt angeht, verlasse ich mich nicht mehr auf Statistiken oder Berichte. Auch meine Geburten sind meine ganz persönlichen Erfahrungen. Jedes Baby entscheidet wohl selbst, wann es sich auf den Weg macht. Einige muss man jedoch zu ihrem Glück zwingen… 😉

 

Über Ilsada:

Ilsada, die Freunde kurz Zada nennen, ist 30 Jahre alt, zweifache Jungs-Mama und wohnt mit ihrer Familie in Zürich. Hauptberuflich arbeitet sie in Teilzeit als Treuhänderin, wobei sie sich immer hinter Zahlen verstecken muss. Daher schreibt sie nebenbei Artikel für isa. who else und tobt sich dabei kreativ aus, was ihr tatsächlich sehr viel Spaß macht.

 

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Photocredits: Jonathan Borba via Unsplash