Baby, we build this House of Memories

Von Gastautorin Sabrina Sommer

Welche Mama kennt es nicht: Das Kind liegt abends schlafend im Bett und wir durchforsten unsere Bildergalerie auf dem Smartphone und schwelgen in Erinnerungen.

Wenn ich mir Fotos und Videos des letzten Jahres auf meinem Handy ansehe, sehe ich ein freundliches, lächelndes und ausgeglichenes Baby. Vor einiger Zeit wurde mir allerdings bewusst, dass ich mich gar nicht an diese Fotos erinnern kann – und ehrlich gesagt, stimmte mich dieser Gedanke richtig traurig.

Das erste Lebensjahr meines Sohnes war geprägt von Tragen, Koliken, Weinen und Schlaflosigkeit. Der kleine Mann benötigte 24/7 meine volle Aufmerksamkeit und verlangte mir sämtliche Kraft ab, die ich aufbringen konnte. Laut Definition ein “high need baby”.

Ich habe mein Kind ganz anders in Erinnerung, als er mir auf den Fotos und Videos gezeigt wird. “Ist das wirklich mein Kind? Warum habe ich diese schönen Momente nicht in meinen Erinnerungen abgespeichert?” Es war ein sehr erschreckender Augenblick für mich, als ich realisiert habe, wie verschoben meine Erinnerung ist. Wie konnte ich vergessen, dass der Kleine so ein süßer Knopf ist? Hat er wirklich so viel gekichert, wie man auf den Videos sieht?

Heute, Babyboy ist 1,5 Jahre alt, kann ich klar sagen: JETZT genieße ich das Mama-Dasein. Unsere Tage als Mutter-Kind-Gespann sind einzigartig und schön. Ich sauge jedes Lachen, jedes Kichern und jede liebevolle Geste in mir auf.

Doch was ist nun anders als im letzten Jahr? Das Verhalten unseres kleinen Mannes hat sich kaum geändert: Er benötigt nach wie vor eine riesige Portion “Mama”, nonstop Aufmerksamkeit und von ruhigen Nächten sind wir noch meilenweit entfernt. Er ist ein überaus charakter- und emotionsstarkes Kleinkind geworden, die Autonomiephase kickt auch ordentlich rein. Freunde von uns bezeichnen ihn als “Duracell-Häschen” ohne Batteriefach.

Die Veränderung fand in MIR statt. Ich habe eine Sache grundlegend verändert:
Ich spreche offen und ehrlich über meine Gefühle. In einer Welt, in der man überall das perfekte Momlife zu sehen bekommt, ist es verdammt schwierig, sich selbst zu reflektieren. Es ist so schwer zuzugeben, dass das Leben mit (Klein-)Kind ein richtig harter Job sein kann, da oft nicht darüber gesprochen wird… Jede Mama, der es so geht wir mir, ist verunsichert. Alle anderen machen das doch mit links, warum ich nicht? Und dann steckt man fest. Frisst Wut, Frustration und andere negativen Dingen in sich hinein und versucht zu überleben. Und das bleibt haften. Die vielen, kleinen schönen Momente hingegen, vergessen wir oder nehmen sie vor lauter Erschöpfung gar nicht richtig wahr. Später irgendwann sehen wir uns Fotos der Kinder an und merken: Es gab / gibt sie doch, die schönen Momente.

Als Mama ist es vollkommen okay, erschöpft zu sein! Es ist okay, wenn du an den Rand des Wahnsinns getrieben wirst oder auch mal deine Stimme erhebst, wenn dein Engelskind zum Teufelchen mutiert. Ja, als Mama bist du müde, hast gefühlt Ewigkeiten keine Dusche mehr von innen gesehen und von dem Vogelnest auf deinem Kopf als Frisur zu sprechen, wäre maßlos übertrieben.

Es hilft wahnsinnig gut, seine Gefühle und Emotionen rauszulassen. Bestenfalls an andere Mütter, denn ich verspreche dir, anhand deren Reaktionen wirst du sehen: Du bist nicht alleine! Mach den ersten Schritt und kommuniziere das, was dir so zu schaffen macht. Denn wenn du diesen Ballast aus deinen Gedanken losgeworden bist, hast du in deinem Kopf Platz für schöne Momente. Und du erschaffst dir deine eigene, mentale Fotogalerie der schönen Momente. Mit sehr vielen Bildern deines strahlenden Kindes und einer wundervollen Audiospur des schönsten Lachens der Welt ❤

 

Über Sabrina:

Ich bin Sabrina (30 Jahre), Mutter eines wundervollen 1,5-jährigen Sohnes. Wir wohnen zusammen mit dem Papa in einem kleinen Dorf im Schwabenländle. Normalerweise mache ich beruflich in der Baubranche die Männerdomäne unsicher, aber Zuhause heizt mir vor allem ein (kleiner) Mann richtig ein :-). Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich in der neuen “Mama-Welt” zurecht zu finden, da der Spagat zwischen dem harten Ton in der Arbeit und der bedürfnisorientieren Erziehung nicht ganz so einfach ist. Mein Chef sagte neulich zu mir: “Sabrina, du bist ganz schön weich geworden!” Na und? Auf weichen Sachen kuschelt es sich immerhin besser. Sieht mein Kind übrigens genauso.

Hier kannst du dich mit mir dazu austauschen 😉

 

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Fotocredits: Kelly Sikkema via Unsplash