Wenn sich dein ganzes Leben innerhalb von zwei Jahren verändert

Von Gastautorin Manuela Putz

Heute vor genau zwei Jahren brach eine ganze Welt für mich zusammen. Nach einer glücklichen, fünfjährigen Beziehung mit meinem damaligen Freund, erfuhr ich, dass er sich in eine andere Frau verliebt hatte.

Doch, beginnen wir von vorne.

Wir kannten uns bereits lange bevor wir eine Beziehung eingingen. Wir waren gute Freunde und hatten einen gemeinsamen Freundeskreis. Irgendwann wurde aus Freundschaft Liebe und schließlich Commitment.

Nach ca. zweineinhalb Jahren sehnten wir uns beide nach Abwechslung und beschlossen nach viel Recherche und Gesprächen unsere Beziehung zu öffnen. Eine spannende Zeit folgte: Wir hatten Dates und Sex mit Anderen und mein Ex-Freund verbrachte ein halbes Jahr im Ausland. Auch wenn viele Menschen unsere offene Beziehung nicht verstanden, waren wir glücklich damit. Wir liebten uns immer noch sehr, vielleicht sogar mehr als am Anfang, also machten wir uns keine Sorgen, dass Sex mit anderen Personen unsere Beziehung zerstören könnte.

Nach fünf Jahren Beziehung und zweieinhalb Jahren davon in einer offenen Beziehung, datete mein Ex-Partner das erste Mal eine seiner Studienkolleginnen. Ich dachte mir nicht viel dabei, immerhin war es nur Sex. Doch ziemlich schnell bemerkte ich, dass er mir gegenüber immer distanzierter wurde und ständig am Handy hing. Zusätzlich wurde die Welt erstmals von Corona überrollt. Der erste Lockdown kam und Ungewissheit und Angst überschatteten unseren Alltag.

Nachdem sich sein Verhalten so verändert hatte, stellte ich ihm bald die Frage, ob er mich denn noch liebte. Er bejahte, aber meinte, dass seine Gefühle für mich weniger seien und dass er auch in seine Studienkollegin verliebt war. Mein Herz blieb in diesem Moment stehen. Noch vor wenigen Monaten schien alles wunderschön zu sein. Wir hatten uns eine gemeinsame Zukunft ausgemalt, waren Seelenverwandte. Jetzt war unsere Beziehung am Abgrund und ich spürte schnell, dass ich sie nicht retten konnte.

Mein psychischer Zustand verschlechterte sich enorm. Ich fiel in eine Depression und war durch die Isolation des ersten Lockdowns sehr einsam. Medikamente halfen mir durch die schwerste Zeit, aber ich wusste, dass dies keine Dauerlösung war. Eine Trennung von einem mittlerweile toxischen Partner war der einzige Weg aus dem Dilemma. Er wollte sich nicht von mir trennen, sondern hätte am liebsten zwei Beziehungen parallel geführt. Nachdem Polyamorie für mich nicht in Frage kam, verlies ich ihn drei Monate nach unserem Gespräch.

Trennung und Singlezeit

Ich zog über Nacht zu einer Freundin, wo ich einen Monat auf der Couch schlief. Ich kam nie wieder in unsere gemeinsame Wohnung zurück. Schnell fand ich ein neues Apartment für mich und richtete es gemütlich ein. Der Sommer kam, der Lockdown war beendet und ich konnte endlich wieder reisen. Mein psychischer Zustand verbesserte sich drastisch und ich hatte einen wundervollen Sommer mit Freund*innen, spannenden Dates und viel Me Time.

Nach meinen Reisen entdeckte ich das Schreiben wieder. Schon als Kind und Jugendliche hatte ich Gedichte und kleine Geschichten verfasst. Jetzt hatte ich auch die Möglichkeit damit Geld zu verdienen, also begann ich regelmäßig Artikel auf einer englischsprachigen Plattform zu veröffentlichen. Ein wunderbarer Ausgleich zu meinem Job als Lehrerin an einer Mittelschule war außerdem das Unterrichten von Yoga. Bereits 2019 hatte ich eine Ausbildung abgeschlossen und konnte nun endlich Stunden anbieten, sowohl in einem Studio als auch auf selbständiger Basis.

Das Single-Sein ermöglichte mir mein Leben komplett nach meinen Vorstellungen zu gestalten. Ich musste auf niemanden Rücksicht nehmen und kostete das Allein-Sein aus. Ich beschloss außerdem für einige Monate auf Dates zu verzichten. Dies war die beste Entscheidung, die ich für meinen Selbstwert treffen konnte. Früher hatte ich leider immer die Ansicht, dass das Leben “besser” mit Partner*in sei, doch schnell verstand ich, dass das Allein-Sein ein wichtiger Teil des Lebens und meiner Entwicklung war.

Ich wusste, dass ich lieber mein Leben lang single wäre, als wieder zurück in eine toxische oder unglückliche Beziehung zu gehen. Dieses Mindset war (und ist) sehr wichtig für mich!

Bereit für eine neue Beziehung?

Nach zehn Monaten Pause, hatte ich wieder Lust auf Dates zu gehen. Ich installierte Dating-Apps und machte neue Bekanntschaften. Die meisten Treffen waren einfach nur freundschaftlich und nett, doch es gab auch spannende One-Night-Stands.

Nach ein paar Monaten lernte ich meinen jetzigen Partner kennen. Wir verstanden uns auf Anhieb und gingen beim ersten Date sechs Stunden lang spazieren. Wir konnten einfach nicht aufhören zu reden und verabredeten uns gleich fürs nächste Wochenende. Ich spürte von Anfang an großes Interesse und Commitment auf beiden Seiten. Es war schön, wieder von jemandem geliebt zu werden und dies auch zurückzugeben. Wir hatten viele gemeinsame Interessen und Werte und jeder Moment mit ihm fühlte sich richtig an. Wir waren auf Wolke sieben und beschlossen nach einem Monat Dating eine feste Beziehung einzugehen.

Plötzlich schwanger…

Wir wollten beide Kinder haben, allerdings nicht so schnell. Als ich aber nach vier Monaten Beziehung einen positiven Test in der Hand hielt, war ich froh zu wissen, dass er prinzipiell schon Vater werden wollte. Wir freuten uns direkt über das Baby, auch wenn wir sehr überrumpelt waren. Wenn eine so junge Beziehung direkt ins kalte Wasser geworfen wird, ist das nicht immer leicht. Innerhalb kürzester Zeit zog mein Partner bei mir ein, wir mussten uns mit Schwangerschafts- und Kinderthemen beschäftigen und zusätzlich erkrankte ich an Hyperemesis Gravidarum, einer schweren Form der Schwangerschaftsübelkeit.

Die ersten Monate der Schwangerschaft waren hart. Ich konnte ab der 8. Schwangerschaftswoche nicht mehr arbeiten und meine Nebenprojekte (Yoga und Schreiben) nicht mehr weiterführen. Ich war drei Monate bettlägrig. Von der Honeymoon-Phase kamen wir in eine Krisensituation, die hauptsächlich durch meinen gesundheitlichen Zustand bedingt war. Doch dann ging es mir immer besser. Wir spielten uns aufeinander ein, fingen an das Zusammenleben zu genießen. Ich war im vorzeitigen Mutterschutz, doch ich konnte wieder meine Projekte angehen, Freund*innen treffen und sanfte Sportarten machen.

Das Leben ist schön!

Wir sind sehr glücklich miteinander und bald dürfen wir endlich unsere Tochter in den Armen halten. Ich habe jetzt schon wieder neue Ideen im Kopf, was ich mit meinem Leben nach der Elternzeit anstellen will. Als Familie planen wir außerdem eine größere Reise, für die wir jetzt schon sparen.

Vor zwei Jahren noch lag mein Leben in Scherben. Ich fühlte mich einsam und depressiv, doch auch das gehört zum Leben dazu. Kein Zustand ist von Dauer, es kommen immer glücklichere Zeiten. Ich habe gelernt, dass das Leben und die Menschen darin, Gutes für mich bereithalten. Wichtig ist, dass man sich für SICH entscheidet und etwas ändert, wenn man in einer toxischen Situation ist. Das Leben ist unvorhersehbar, doch das ist auch gut so. Mit Geduld und Selbstliebe kann aus jeder Situation wieder Wundervolles enstehen!

 

Über Manuela:

Manuela ist 29 Jahre alt und wird das erste Mal Mama. Sie arbeitet als Lehrerin, Yogalehrerin und Hobby-Writerin und begeistert sich für Feminismus, Bildung und Mental Health.

 

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Photocredits: Javier Allegue Barros via Unsplash